Open BIM vs. Closed BIM
Dieser Blogbeitrag klärt über BIM, sowie die Vor- und Nachteile verschiedener Arten von Systemlandschaften auf
Dieser Blogbeitrag klärt über BIM, sowie die Vor- und Nachteile verschiedener Arten von Systemlandschaften auf
BIM ist einer der wichtigsten Trends und treibende Kraft für die Digitalisierung der Bauindustrie. Es ermöglicht mehr Projekterfolg und wirkt der Notwendigkeit von Nachträgen massiv entgegen. BIM basiert auf der durchgängige Nutzung von Bauwerksinformationen und Daten, sowie der Zugänglichkeit dieser für alle am Bau Beteiligten. Open BIM Anwendungen wären daher wünschenswert, um Konnektivität entlang der Wertschöpfungskette zu schaffen. In der Realität scheinen Softwareanbieter jedoch häufig eher auf closed BIM Anwendungen abzuzielen.
Rund um Building Information Modelling gibt es zahlreiche Mythen und Trugschlüsse. „Unter BIM versteht jeder etwas anderes. Manche Leute denken immer noch, das wäre eine Software", so Nico Schlun. Verständlich, da die beiden Begriffe oft in einem Atemzug erwähnt werden und BIM nunmal eine Software braucht um angewendet werden zu können. Was genau steckt also hinter der Begriff?
Building Information Modeling ist eine Arbeitsmethodik. Digitale Bauwerksmodelle beinhalten alle Daten und Information eines Bauwerkes und werden im gesamten Lebenszyklus, von der Planung über die Bauphase und Bewirtschaftung bis hin zum Abriss genutzt. Die Modelle enthalten dabei alles, von grundsätzliche Informationen bis hin zu kleinsten Details. Ein Datenmodell , das sämtliche Dimensionen abdeckt. Das Bedeutet das Building Information Modelling mehr beinhaltet, als die Geometrie eines Gebäudes und auch Informationen enthält über etwa die 4. Dimension Zeit und die 5. Dimension Kosten. Und hier hört die technologische Innovationen nach lange nicht auf. Mit voranschreitender Innovation werden auch stetig mehr Dimensionen hinzu.
Allumfassend ist beim Building Information Modelling nicht nur das Vorhandensein von Informationen und Daten, sondern auch die kooperative Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten und das wiederum ist ausschlaggebend für die BIM-Methodik.
Um dies zu ermöglichen ist ein standardisierter Datenaustausch erforderlich, der es allen Beteiligten erlaubt auf Informationen zuzugreifen, diese zu ergänzen und zu editieren.
(Quelle: https://laserscanning-experts.de/was-ist-building-information-modeling-bim/)
Wer sich mit BIM befasst wird auf die Begriffe Open BIM, Closed BIM, Little bim und Big BIM stoßen. Es handeln sich hier um technologische Ausprägungen die sich am besten erklären lassen wenn man sie kombiniert und auf zwei Achsen auslegt.
Beim Open BIM findet ein über mehrere Software und Planungstools übergreifender Datenaustausch, mit offenen Formaten, statt. Beim Closed BIM hingegen kann nur eine einzelne Software oder ein einziges Planungstool genutzt werden.
Obwohl BIM für große Bauvorhaben mit unzähligen Beteiligten genutzt werden kann, ist es auch möglich die Arbeitsmethodik in einem sehr viel kleineren Rahmen zu nutzen. Hierbei spricht man von Little BIM, einer Insellösung in kleinem Rahmen.
Im Gegensatz dazu steht Big BIM - die durchgängige Nutzung digitaler Gebäudemodellen über verschiedene Disziplinen und Lebenszyklusphasen.
(Quelle: https://planerwissen2go.com/2019/01/12/welches-bim-wird-angewendet/)
Little closed BIM: Auch lonely BIM genannt, bezeichnet das Erarbeiten einer Insellösung mit der BIM-Methodik durch einen einzelnen Planer. Der Entscheidung BIM zu nutzen liegt hierbei meist die Eigeninitiative des Anwenders zugrunde, der sich im little closed BIM auch nur einer Software oder eines Planungstools bedient. Beispielsweise also die Modellierung eines Gebäudes und dessen Ableitung in Pläne. Entstandene Daten werden dabei nicht mit anderen geteilt.
Big closed BIM: Hierbei arbeiten mehrere interne und externe Planer gemeinsam an einem Projekt. Dabei wird nur auf eine herstellerspezifische Software oder ein Planungstool zurückgegriffen. Es ist eine einheitliche Systemlandschaft, innerhalb derer ein Datenaustausch in kompatiblen Dateiformaten stattfinden kann.
Little open BIM: Auch hier arbeitet der Planer im Alleingang und nur in seinem Bereich. Der Unterschied zu little closed BIM liegt darin, das die entstandenen Daten mit anderen in einem offenen Format geteilt werden könnten.
Big open BIM: Alle internen und externen Planer arbeiten gemeinsam an einem Projekt, sie sind zwar einzeln organisiert, führen ihre Daten aber an einem Ort zentral zusammen. In der big open BIM-Methodik ist man dabei nicht mehr an eine Systemlandschaft gebunden. Mehrere Softwarelösungen und Planungstools werden angewendet und alle Daten und Informationen in neutralen Formaten miteinander geteilt und umfassend genutzt.
Um BIM folglich in kooperativer Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette nutzen zu können, wird eine offene BIM-Methodik benötigt. Theoretisch ist das von vielen Experten und Branchenakteuren auch erwünscht. In der Umsetzung bevorzugen aber viele Softwarehersteller, vor allem die großen Player Closed BIM. Denn für Hersteller stellt sich in diesem Kontext viele Fragen. Würde die Entwicklung einer Open BIM Anwendung Sinn ergeben? Wer übernimmt die Entwicklung einer Schnittstelle? Und stehen dafür überhaupt Entwicklungsressourcen zur verfügung? Datenaustausch und Konnektivität im Bauwesen werden dadurch massiv erschwert. Wieso folgen viele Softwarehersteller also nicht dem Weg der kooperativen Zusammenarbeit?
Für eine funktionierende Digitalisierung brauchen wir den Informationsaustausch. Einheitliche Daten-Landschaften, die der Fragmentierung der Bauindustrie entgegenwirken werden benötigt. Closed BIM schafft genau das Gegenteil und begünstigt die Fragmentierung. Deutschland hängt der Digitalisierung enorm hinterher. Ein zentraler Lösungsansatz dafür, dem Ganzen entgegenzuwirken ist die kooperative Zusammenarbeit. Durch Konnektivität entlang der gesamten Wertschöpfungskette soll das Bauwesen zu mehr Projekterfolg verholfen werden.
In vielen Ländern funktioniert das bereits, gefördert durch den Gesetzgeber. Open BIM kann so durch Regelungen landesweit zum Standard werden. Großbritannien gilt dabei als Vorreiter. Bereits im Jahr 2013, führten die Briten PAS 1192 ein und formalisierten damit BIM Standards, die von nun an bindend für alle öffentlichen Bauvorhaben waren. PAS 1192 dient auch heut noch als Grundlage für BIM Standards europaweit. Auch haben Österreich 2015, und Norwegen 2016, die Digitalisierung der Bauindustrie ihrer Länder bereits enorm vorangetrieben. Offene Datenformate wurden zum gesetzlich festgelegten Standard, der Kooperation und Digitalisierung mit sich bringt. 2016 wurde die EU BIM task group gegründet, deren Ziel es ist die Bauwirtschaft europaweit weiterzuentwickeln. Open BIM hat dadurch zwar einen Schub bekommen, Unterschiede im Digitalisierungsgrad der einzelnen europäischen Staaten bestehen aber weiterhin.
(Quelle: https://www.geospatialworld.net/article/bim-adoption-around-the-world-how-good-are-we/ )
In Deutschland hinken wir im Bereich BIM und dessen Anwendungen noch gehörig hinterher. Für den öffentlichen Sektor wurde BIM für Infrastrukturprojekte bereits stufenweise eingeführt. Im privaten Sektor gibt es aber keine Open BIM Pflicht und Softwarefirmen scheinen weiterhin eher closed BIM Systemlandschaften an den Markt zu bringen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Open BIM sehr viel weniger lukrativ ist. Es gibt den Bauakteuren die Möglichkeit verschiedene Anbieter zu nutzen. Für Softwarenanbieter bedeutet das den Kundenpool teilen zu müssen. Im Gegensatz dazu bedeutet Closed BIM , dass alle Planungsbeteiligten die selben Tools, des selben Herstellers nutzen müssen. Kundenakquise mit dem Ziel den Kunden dauerhaft an sich zu binden. Eine wirkliche Wahl lassen die großen BIM Player den Kunden dabei nicht, die zahlreichen Nachteile der closed BIM-Methodik sind bei Einführung dieser, als unerwünschte Nebenwirkungen zu akzeptieren.
Aufgrund fehlender Richtlinien für den Import und Export von dritthersteller Formaten kann kein funktionierender Informationsaustausch gewährleistet werden. Vorhandene Daten gehen also verloren. Dem kann nur entgegengewirkt werden, wenn entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein reibungsloser Informationsaustausch stattfindet. Daten müssen also über jede Software und Lebenszyklusphase weitergegeben werden können. Das erforderte offene und genormte Datenformate.
Closed BIM Anwendung führen im Umkehrschluss zu extremen Einschränkung und unflexiblen Übernahmen von Modellen und Informationen an oder von externen Fachplanern. Von Konnektivität kann hier also nicht die Rede sein. Man steht dem eigenen Erfolg sogar eher im Weg. Ein Teil des Bauprozesses mag auch durch Closed BIM Anwendungen effizienter werden. Das Ziel einer nachhaltigen und umfassenden Digitalisierung, wird so aber nicht erreicht.
Des Weiteren ist BIM eine zukunftsorientierte Arbeitsmethodik. Die heute agierenden großen Player in Sachen BIM mag es in 100 Jahren vielleicht nicht mehr geben, die Gebäude aber schon. Wo sollen dann noch die Daten und Informationen herkommen? In einer Closed BIM Software würden diese über kurz oder lang verloren gehen. Wenn also in geschlossenen Systemlandschaften verfahren wird, könnten wir Jahrzehnte später in Sachen Digitalisierung des Gebäudemanagement und der Sanierung immer noch massiv hinterherhinken. Denn woher würde die verlorene Information dann kommen? Stellen Sie sich das einmal vor: 50 Jahre in der Zukunft, die ganzheitliche Digitalisierung unseres Lebens ist enorm vorangeschritten, doch der Bau hat immer noch mit den Digitalisierungsproblemen der Gegenwart zu kämpfen.
Eine effiziente Zukunft erfordert also heute schon die Nutzung von neutralen Datei- und Koordinationsformen. Eine offene Herangehensweise in Planungsprozessen auch im Hinblick auf internationale Entwicklungen wäre in Sachen BIM ein massiver Leistungsträger für die erfolgreiche Digitalisierung der deutschen Bauindustrie. Ein Plädoyer für open BIM. Doch gibt es nicht auch Gründe for Closed BIM?
Open BIM bedeutet einen deutlich erhöhten Aufwand bei der Entwicklung von Richtlinien, Handlungsanweisungen und Übergaberoutinen. Dies stellt ein großes Hindernis dar. Die Richtlinien sollen dabei möglichst allumfassend sein, um einen verlustfreien Informationsaustausch sicherzustellen. Doch wer gibt diese vor? Welche Schnittstellen müssen softwareübergreifend geschaffen werden? Wer stellt sicher, dass alles ohne auch reibungslos funktioniert? So einfach und Konnektivität schaffend wie man sich Open BIM vorstellen mag, ist es gar nicht.
Als Beispiel könnte man sich hier einmal Apples Pages und Microsoft Word in Gedanken rufen. Reine Textformate die eventuelle eine Grafik oder ein Bild beinhalten. Doch wenn man versucht ein Pages Dokument in ein Word Dokument umzuwandeln, kommt es zu massiven Problemen. Die Schriftarten stimmen nicht überein und Grafiken erscheinen nur noch als graue Kästen. Wie soll etwas Ähnliches, mit enormen Datenmengen und vielen kleinen Details, für Open BIM funktionieren. Der kleinste Formatierungsfehler könnte verheerende Folgen für den gesamten Planungs- und Bauprozess haben.
Man soll den Anwender zwar nicht in Richtung einer speziellen Software Hersteller drängen, doch verspricht die Nutzung einer Softwarelandschaft eines Herstellers für den Planungsprozess trotzdem mehr Projekterfolg. Denn nur so kann Informationsverlust und Fehlinterpretation von Daten weitgehend ausgeschlossen werden. Closed BIM stellt die unkomplizierte Koordination von Fachmodellen sicher. Dies passiert durch die Verwendung eines identischen Dateiformats zur Planung.
Ein Anwendungsfall der häufig fällt, wenn es um BIM geht ist Kollisionsprüfung. Dabei werden BIM-Modellelemente auf geometrische Konflikte, also Kollisionen, überprüft. Die Methode wird im Rahmen der BIM-Koordination (Gesamt- oder auf Fachplanungsebene) eingesetzt und hat das Ziel, Kollisionen zu vermeiden. Kollisionen entstehen zwangsläufig, wenn mehrere Fachdisziplinen an zahlreichen verschiedenen Modellen arbeiten und unterschiedliche Aspekte der Planungsaufgabe bewältigen. Kollisionen zu lösen erfordert in einer Closed BIM Umgebung bereits enorme Koordinationsprozesse, dass open BIM zu noch mehr Kollisionen führt kann man sich dabei einfach erschließen.
Je komplexer ein Bauvorhaben, desto komplexer die benötigten Modelle und desto höher die Wahrscheinlichkeit für Kollisionen. Ein gutes Beispiel um dies zu veranschaulichen wäre die Architektur aus dem Oeuvre von Zaha Hahid. Ihre Gebäude in unterschiedlichen Höhen und geschwungenen Formen führen zu Faszination. Im Planungsprozess bedeuten diese, nicht alltäglichen Formen, aber auch einen sehr viel höheren Aufwand. Eine Vielzahl an komplexen Modellen muss angefertigt und aufeinander abgestimmt werden. Nur wenn Kollisionen in der Planungsphase entdeckt und behoben werden, kann das Bauvorhaben am Ende auch technisch makellos und dem architektonischen Modell entsprechend fertiggestellt werden. Building Information Modelling kann die komplexe Planungsphase massiv vereinfachen. Im Planungsprozess unentdeckte Diskrepanzen resultieren andernfalls, in höheren Kosten und verspäteter Fertigstellung im Bauprozess. Aufeinander abgestimmte Datenstandards, die Kollisionsmanagement vereinfachen, sind dabei essenzielle. Ebenso essenzielle ist das Vorhandensein aller notwendigen Daten.
'New Moscow'
(Quelle: https://inhabitat.com/zaha-hadid-unveils-futuristic-designs-for-new-moscow/)
Open BIM wird oftmals dafür kritisiert, dass Daten im Planungsprozess verloren gehen und es deshalb zu einer erhöhten Anzahl an Kollisionen kommt. Der Planer bzw. Anwender der BIM Methodik wird dabei aber als Faktor außer acht gelassen. Das Fehlen von Daten liegt Kollisionen zwar oft zugrunde, jedoch heißt dies nicht Zwangsläufig das diese im Informationsaustausch von einer Systemlandschaft zu einer anderen verloren gegen sind. Das modellieren von Gebäuden ist nach wie vor ein extrem komplexes Unterfangen und wird vom technologischen Fortschritt unterstützt. Menschliche Ungenauigkeit beim Eintragen von Daten, bleibt jedoch weiterhin eine Fehlerquelle. Der Faktor Mensch ist dabei eine gleichermaßen große Komponente in der Open BIM und der Closed BIM Methodik. Wo keine Daten eingetragen worden sind, können auch keine Daten verloren gegangen sein. Ob Modelle nun von einer Systemlandschaft in die andere weitergegeben wurden, oder nicht, spielt bei dieser Fehlerursache keine Rolle. Im Umkehrschluss sollten BIM Anwendungen also in Zukunft vermehrt auf das Nichtvorhandensein von Daten im Modelle hinweisen, um diese Fehlerquelle auszumerzen.
Building Information Modeling wird in Zukunft wohl kaum mehr aus der Bauindustrie wegzudenken sein. Die technologischen Entwicklungen brachten uns zahlreiche Innovationen. Anwendungen wurden entwickelt, die Prozesse in der Planungs-, Ausführungs- und Instandhaltungsphase, maßgeblich optimieren.
Um dies aber zu ermöglichen wird ein Umdenken in der Bauindustrie nötig sein, hin zu kooperativer Zusammenarbeit, wirklicher Konnektivität entlang der gesamten Wertschöpfungskette und ganzheitlicher Digitalisierung. Auch wenn Closed BIM die akute Problematik von fehlenden einheitlichen Richtlinien für BIM umgeht, ist es keine dauerhafte Lösung. Denn Digitalisierung strebt es an, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes abdecken zu können. Dieser Herausforderung, muss sich früher oder später gestellt werden. Open BIM ist die Zukunft, darüber sind sich die Experten einig. Es gilt sich nun also die Frage zu stellen, ob wir heute bereits auf Open BIM umsteigen und junge Softwareunternehmen, die dies anstreben, unterstützen oder ob wir die momentan scheinbar einfachere und günstigere Closed BIM Methodik anwenden und zu einem späteren Zeitpunkt umsteigen. Wie viele Daten bis dahin verloren gehen werden ist nur schwer abzuschätzen. Fortschreitenden Innovation das bringt Open BIM. Durch kooperative Zusammenarbeitet die Lücken entlang der gesamten Wertschöpfungskette endgültigt schließen. Nur durch offene Datei-Standards können wir diese erreichen und die deutsche Bauwirtschaft nachhaltig und allumfassend digitalisieren.
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